Flavonoide/Crataegus-Forschungsprojekt


 

Flavonoide/Crataegus-Forschungsprojekt

(siehe auch Allgemeines über Flavonoide)


 

Forschungsergebnisse  (2004)

Kontaktmöglichkeiten:
Prof. Dr. Hermann Lindemann em.
Mukoviszidose Förderverein Gießen e.V.

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"Untersuchung des Einflusses von Flavonoiden auf den transepithelialen Chlortransport bei CF-Patienten"



Hintergrund:

Eine zentrale Bedeutung bei Mukoviszidose kommt der Störung des Chlorionentransports an den Deckzellen der Atemwege, des Darms, an den Ausführungsgängen der Bauchspeicheldrüse und
anderer wichtiger Organe zu. Ursache dafür ist in den meisten Fällen eine unzureichende Reifung des sogenannten CFTR*-Komplexes der u.a. an der äußeren Zellmembran von Deckzellen als Chlorkanal dienen soll, bei CF-Patienten aber nicht funktioniert oder nicht in die Zellwand eingebaut wird.

 Bei der Mukoviszidose sind 5 Defekt-Klassen bei der Produktion bzw. beim Transport des CFTR-Komplexes  durch die Zelle bekannt. Patienten, bei denen die Defekt-Klassen II, III oder IV vorliegen (Def. II / III / IV) könnten evtl. von Flavonoiden profitieren.
Bei Def. II ist der CFTR-Komplex in seiner Struktur verändert und wird daher in der Zelle als fremd erkannt und zerstört. Er erreicht die Zellwand nicht. Bei Def. III und IV ist der CFTR-Komplex zwar vorhanden, seine Regulation bzw. Chloridleitfähigkeit (grüner Pfeil) ist jedoch gestört.


[*CFTR = Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator. Es handelt sich um einen Eiweiß-Komplex, der u.a. als Chlorkanal fungiert.]

Nach den Ergebnissen einiger Labortests an Einzelzellen und gezüchteten Zellverbänden gibt es Hinweise darauf, dass u.a. Flavonoide wie Quercetin, Kaempferol, Apigenin, und Genistein  zu den Stoffen zählen, die in der Lage sein könnten, die bei CF-Patienten blockierten Chloridkanäle durchlässig machen bzw. Restfunktionen zu aktivieren. Spannungsmessungen an der Nasenschleimhaut lassen darauf schließen, dass der Chlortransport bei Gesunden stimuliert werden kann (Illek und Fischer 1998).
Bei CF.Patienten liegen diesbezüglich noch keine Untersuchungsergebnisse vor.

Einige Berichte von Patienten sind ermutigend und lassen hoffen, dass Flavonoide auch bei CF-Patienten wirksam sind. Vorteilhaft ist, dass Flavonoide oral verabreicht (geschluckt) und damit prinzipiell alle Organe erreicht werden können, sofern sie von der Darmschleimhaut aufgenommen
werden. Es darf aber nicht vergessen werden, dass auch andere Substanzen, wie Pektine (u.a. in Banane und Apfel), Möhren, Schokolade und Eisenpräparate zu Veränderungen des Stuhlgangs hinsichtlich Farbe oder Festigkeit führen können, ohne dass die Fettverdauung zwangsläufig verbessert wird.

Ferner ist bekannt, dass einige Asthmamittel wie Berodual, Sultanol, Atrovent die vom CFTR-Komplex gesteuerten Chlorkanäle bei Gesunden stimulieren können. Bei CF-Patienten gelang das bisher nicht (mit Ausnahme einiger spezieller Mutationen).

Man muss daher sorgfältig überprüfen, ob Flavonoide die erhoffte Wirkung erzielen.


Welche Möglichkeiten gibt es, den Wirkungsnachweis von Flavonoiden zu überprüfen ?

Bei CF-Patienten wäre eine erfolgreiche Aktivierung des Chlortransport durch Flavonoide mit folgenden Methoden zu belegen:

  1. An der Nasenschleimhaut wäre unter der Behandlung mit Flavonoiden
    ein Wiederanstieg der Spannung an der Nasenschleimhaut zu beobachten
    (wie bei Gesunden mit einem Asthmamittel; vergleiche Abb. 2).
  2. Die unter der Behandlung mit Flavonoiden verbesserte Funktion der
    Bauchspeicheldrüse müsste sich in einer verbesserten Enzymproduktion
    (besonders der Elastase im Stuhl) und einer verminderten Fettaus-
    scheidung im Stuhl sowie höheren Spiegeln fettlöslicher Vitamine im
    Blut auswirken. Im Idealfall müsste die verbesserte Situation auch in
    einem Ernährungsprotokoll, das mindestens über 3 Tage geführt werden
    sollte, mit geringerem Enzymbedarf bei gleicher Fettzufuhr nachzuvoll
    ziehen sein. Die eventuell erhöhten Leberfunktionswerte müssten sich
    bei sonst unveränderter Therapie allmählich normalisieren.



 


Abbildung 2
: Verhalten der Spannung (Potenzialdifferenz = PD)) bei einem gesunden Probanden (blau) und einer CF-Patientin (rot).

 


 
Gesunder Proband: Die Ausgangsspannung (–40 mV) sinkt unter Verabrei-
chung von Amilorid (auf –10 mV). und steigt dann unter Amilorid, chlorfreier
Lösung (0Cl) und Salbutamol, einem bekannten Asthmamittel innerhalb von
3 min wieder an (auf –37 mV). Damit lässt sich die optimale Durchlässigkeit
(Leitfähigkeit) der Chlorkanäle nachweisen.

CF-Patientin: Die Ausgangsspannung (–58 mV) sinkt unter Verabreichung
von Amilorid (auf –8 mV) und steigt dann unter Amilorid ,0Cl und Salbutamol
nicht wieder an. Damit lässt sich die fehlende Durchlässigkeit der Chlor
kanäle nachweisen. Dieser gestörte Chlorionentransport ist für Mukoviszidose
kennzeichnend.