Therapie des Hustens


In Deutschland werden ca. 800 Millionen DM jährlich für Hustenmittel ausgegeben.

Ihre Wirkung ist in den meisten Fällen umstritten.

Die Wirksamkeit der häufig verordneten Expektoranzien bzw. Mukolytika wie N-Acetylcystein ist zwar in vitro und bei lokaler Instillation im Rahmen einer Bronchoskopie überzeugend, bei systemischer Applikation gelangt – selbst bei hoher Dosierzng - aber nur sehr wenig davon ins Bronchialsekret, so dass ein valider Effekt nicht zu objektivieren ist. Die in letzter Zeit stark propagierte antioxidative Wirkung wird von den Pharmakologen eher kritisch gesehen.

Codeinhaltige Antitussiva, die zu ca. 20 % zu Morphin bzw. Dihydromorphin metabolisiert werden, sollten wegen der bekannten Nebenwirkungen nur in Ausnahmefällen für wenige Tage, dann aber in ausreichender Dosierung, verabreicht werden (Tab. 1). Möglicherweise ist der zentral dämpfende Effekt dabei entscheidend. Nur bei Gesunden und Asthmatikern ist bisher ein dämpfender Effekt auf die Hustenrezeptoren nach einem artifiziellen Stimulus (z.B. mit Zitronensäure) nachgewiesen worden.

Unter den nicht codeinhaltigen Antitussiva scheint die Wirkung von Noscapin (Capvalâ ) am besten belegt zu sein (s. Tab. 2).

Bei Verdacht auf psychogenen Husten (s. Diagnostik ) ist eine langfristige Psychotherapie einzuleiten, in die ggf. auch die Familienangehörigen einbezogen werden müssen.

 

 

Tab. 1    Empfohlene Dosierung von Codein und Dihydrocodein

 

Codein
(Codipront
  mono®/retard®, Codicaps mono®, Tussoretard SN® etc.)
 

Kinder 0,2 - 0,3 mg/kg alle 6 - 8 h

Erwachsene 30 - 60 mg 3 - 5 mal tgl.

max. Einzeldosis 100 mg,

max. Tagesdosis 300 mg/d !!

   

Dihydrocodein (Paracodin®/retard®, Remedacen®)

 

Kinder (2 - 5 J.) 2,5 - 5 mg bis 3 mal tgl.

10 mg bzw. in Retardform 20 mg zur Nacht

Kinder (6 - 12 J.) 5 - 10 mg bis 3 mal tgl.

Erwachsene: 10 - 30 mg bis 3 mal tgl.

 

 

Problematisch ist die Verwendung von Hustenmitteln, die sedierenden Antihistaminika enthalten (z.B. Diphenhydramin, Chlorphenamin), da sie gleichzeitig eine Erhöhung der Sekretviskosität bewirken. Als geradezu gefährlich sind Mono- oder Mischpräparate einzuschätzen, die Dextromethorphan (wie NeoTussan und Wick Formel 44) enthalten. Sie sind nicht verschreibungspflichtig, haben aber eine euphorisierende suchterzeugende Wirkung und können zerebrale Krämpfe auslösen. Zusammen mit Alkohol haben sie eine starke sedierende Wirkung ("KO-Tropfen").

Für die häufig verordneten Medikamente Pentoxyverin und Clobutinol ist eine antitussive Wirkung bisher nicht erwiesen (Tab. 2). Clobutinol wurde wegen des Risikos von Herzrhythmusstörungen kürzlich vom Markt genommen (Stand 31.08.2007). Pflanzliche Mittel sind größtenteils wirkungslos, wenn sie nicht durch den teilweise beträchtlichen Alkoholanteil sedierend wirken und nicht selten toxisch, vor allem wenn sie Kampfer (cave: Atemdepression, zerebrale Krämpfe) oder andere Reizstoffe enthalten. Inhalationen und Einreibungen mit ätherischen Ölen und Kamille etc. bergen das Risiko der Irritation der Schleimhäute bzw. – bei atopischer Disposition - der Sensibilisierung.

Dementsprechend ist bei leichtem Husten vor allem die Anwendung bekannter Hausmittel zu empfehlen wie Brustwickel bzw. –kompressen, die dem Patienten vor allem das Gefühl vermitteln, umsorgt zu sein. Ferner empfehlen sich warme süße Getränke, durch die wahrscheinlich die Hustenrezeptoren gedämpft werden.

 

Tab. 2 Kritische Betrachtung der medikamentösen Hustentherapie aus pharmakologischer Sicht

Substanzen

Wirkprinzip u. Anwendung

Unerwünschte Wirkungen (UW)/

Besonderheiten

Morphinderivate

- Kodein

- Dihydrocodein

(b. Gesunden: Afferenzen ¯ )

ZNS dämpfend, euphorisiernd;

Obstipation, Bronchospasmus

hohe Dosierung nötig

(wie Kodein); bei Kindern kaum Suchtgefahr

Andere "Antitussiva"

- Dextromethorphan

(Neotussanâ , Wick Formel 44 Hustenstillerâ etc)

Keine Wirksamkeitsstudien !

 

zerebrale Krämpfe, Suchtgefahr
nicht verschreibungspflichtig

- Noscapin (Capvalâ ),
   zu Papaverinen gehörig

Wirksamkeit belegt !
Wirkdauer
: 2 -4 Std.
Dosierung:
Sgl. > 6 Mo.(Saft): 2 x 1/2 Teel. /Tag
Kinder, 3 - 12 J. : 3 x 1 Teel./Tag
Kinder/Jgdl. >12 J.: bis zu 3 x 2 Teel.
                             bzw. 3 x 2 Drg

UW (bei Kindern): ca. 1 %: Schlafstörungen, Diarrhoe, Bauchschmerzen, Exantheme;
bei Überdosierung: zerebrale Krämpfe, Koma

Vorteil: mild spasmolytisch

- Pentoxyverin
   (Sedotussin)

Keine Wirksamkeitsstudien !

Histaminfreis.; Mitose-Störung ?

Antihistaminika

- Diphenhydramin

- Chlorphenamin etc.

sedierend

cholinerg (Sekretviskosität ­ )

Mischpräparate

   

- Codiprontâ

 

Codein + Phenyltoloxamin

- Codicapsâ

 

Codein + Chlorphenamin

- Makatussinâ

 

Codein (1/10) + Sonnentaukrautextrakt

- Rhinotussal Kps.â

 

Dextromethorphan + Phenylephrin + Carbinoxamin

- Rhinotussal Saftâ

 

Dextromethorphan + Norephedrin + Carbinoxamin

Phytotherapeutika

- Kampfer


- Menthol, Efeu, Anisöl etc.


- Kamille-Inhalation

Effekte im Hustenmodell,
keine klin. Wirksamkeitsstudien


Einfluss auf Kälterezeptoren; keine Wirksamkeitsstudien !

Keine Wirksamkeitsstudien !



Atemdepression, zerebr. Krämpfe


Evtl. Irritation der Mukosa


Sensibilisierungsrisiko

 

Expektoranzien

- N-Acetylcystein

- Ambroxol etc.

(nur lokal mukolytisch)

antioxidativ

antioxidativ

Allergische Reaktionen; Übelkeit, Kopfschmerzen (selten)

Hausmittel

- Süße Getränke,
  Bonbons

Hustenrezeptoren ¯ ;
evtl. Interferenzen des Schluck-vorgangs mit afferenten Husten-bahnen