Systemisch applizierte Flavonoide steigern die Chloridpermeabilität an der apikalen Membran des respiratorischen Epithels bei CF-Patienten*
D. Schüler1, K. Weber1, B. Jödicke1, P. Reineck1, J. Pabst2, P. Bittner-Dersch1, C. Geidel1, C. Fegbeutel1, R. Schulz1, H. Lindemann1
1CF-Zentrum, Med. Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, 2 PulmoTec GmbH, Höchstadt/Donau
27. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie, Hannover, 31.März bis 02.April 2005
Abstract : Atemw.-Lungenkrkh. 31: 148/9 (2005)
*Mit Unterstützung durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Projekt T309/122115/02
Einführung
Ø Ursache der bei Mukoviszidose (Zystische Fibrose = CF) für die syndromale Ausprägung der Erkrankung verantwortliche Pathomechanismen sind Defekte im Faltungsprozess und während des Transports des Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) durch die Zelle auf dem Weg zur apikalen Zellmembran.
Ø Es ist bekannt, dass Flavonoide (FL) wie Genistein und Kämpferol bei direkter Applikation auf das respiratorische Epithel in vitro und in vivo in der Lage sind, bei einem Teil der Patienten mit CF die Permeabilität der CFTR-abhängigen Chloridkanäle zu verbessern [1,2].
Ø Unklar war bislang, ob diese Wirkung auch nach systemischer Applikation nachzuweisen ist.
Methodik
Die Messung der Nasalen Transepithelialen Potenzialdifferenz (NPD) diente der Verifizierung des Basisdefekts der CF, einer Chlorionensekretions- und Natriumionenreabsorptionsstörung [3] und der Wirkung der Flavonoide (Abb. 1).

Abb. 1: Gemessen wird die NPD mit einer flüssigkeitsgefüllten Prüfelektrode in Form eines doppellumigen Katheters, der über ein Nasenspekulum unter Sicht unter die Concha nasalis inferior appliziert und gehalten wird, gegenüber einer flüssigkeitsgefüllten subkutanen Referenz-Elektrode. Unter Hemmung der apikalen Natriumabsorption mittels Amilorid, wird die nasale Mukosa aufeinanderfolgend superfundiert mit: (1) chlorid-haltiger Lösung und (2) chloridfreier Lösung; (3) zuletzt wird die Reaktion der NPD auf eine spezifische CFTR-Stimulation mit β-Mimetikum (Salbutamol) getestet. Die Messkurven (rechts) zeigen typischerweise keinen Wiederanstieg der NPD nach CFTR-Stimulation mit ß-Mimetikum bei CF (rote Kurve). Ein auf den Basisdefekt abzielende neue Therapie ist also darauf zu überprüfen, ob ein Wiederanstieg der NPD erreicht wird.
Bei 25 CF-Patienten (7 - 41 J.) überwiegend mit der Mutation dF508, wurde die nasale Potenzialdifferenzmessung (NPD) mittels Superfusionsmethode vor und unter Natriumkanalblockade, unter Aktivierung der alternativen Chloridkanäle sowie unter Stimulation der CFTR-abhängigen Chloridkanäle bestimmt. Danach wurde ein zugelassenes Flavonoidmischpräparat täglich oral verabreicht (Crataegutt novo© 450 mg/die <10 J., 900 mg/die >10 J.) und die NPD-Messung nach mindestens drei Monaten wiederholt (Abb. 2).
Abb. 2: Studienprotokoll: Vor und unter einer mindestens dreimonatigen oralen Flavonoid-Therapie wurde die Auswirkung auf die Chloridleitfähigkeit mittels NPD-Messung eruiert.
Die Untersuchung erfolgte mit Genehmigung der Ethikkommission der Universität Gießen.
Ergebnisse
Bei der zugrundeliegenden Varianz der Superfusionsmessung galt für die CFTR-Stimulation, dass eine Messung dann einen verwertbaren Unterschied zeigt, wenn die absolute Änderung >5 mV bzw. der prozentuale Effekt >15% beträgt.
Die Ausgangswerte der NPD, sowie die NPD unter Natriumkanalblockade und chloridfreier Lösung waren vor und nach systemischer Applikation des Flavonoidpräparates (FL) nicht signifikant verändert (Tab.1, Abb.3).
Tabelle 1: Änderung der nasalen Potenzialdifferenz (NPD) durch chloridfreie Lösung (0Cl), Salbutamol sowie orales Flavonoid (FL); n=25 * statistisch signifikant (p < 0,03)
n=25
|
Basale NPD (mV)
|
DNPD bei 0Cl (%)
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DNPD bei Salbutamol (%)*
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vor FL
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oral FL
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vor FL
|
oral FL
|
vor FL
|
oral FL
|
Mittelwert
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-45
|
-46
|
-0,47
|
2,94
|
0,31
|
14,5*
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Minimum
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-17
|
-18
|
-62,1
|
-23,1
|
-14,6
|
-44,4
|
Maximum
|
-70
|
-60
|
31,8
|
28,6
|
24,1
|
92,3
|
Unter systemischer FL-Therapie war nach drei Monaten (p<0,03) unter der Salbutamol-Superfusion eine signifikante Repolarisation der NPD nachzuweisen.
Abb. 3: NPD basal und NPD-Anstieg unter alternativer und CFTR-spezifischer Stimulation der Chloridsekretion vor und nach drei monatiger oraler Flavonoidtherapie. Die CFTR-abhängige Chloridpermeabilität konnte bei einigen CF-Patienten signifikant gesteigert werden.
Bei 10 Patienten nahm die nasale PD um >20% zu, bei 3 CF-Patienten normalisierte sich die NPD mit mehr als 50%iger Repolarisation (Abb. 4).
Abb. 4: Prozentualer NPD-Anstieg nach CFTR-Stimulation vor und unter mindestens dreimonatiger oraler Flavonoid-Therapie bei 25 CF-Patienten vorwiegend mit ΔF508-Mutation.
Literatur
[1] Illek B, Fischer H. Am J Physiol 275: L902-910,1998
[2] Schüler D et al. Journal of Cystic Fibrosis 3:S27-31, 2004
[3] Schüler D et al. Atemw –Lungenkrkh 27: 375-6, 2001
Message
Systemisch applizierte Flavonoide beeinflussen bei einem Teil der CF-Patienten den Chloridtransport über die CFTR-abhängigen Chloridkanäle.
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